Lesen Sie hier einen Beitrag von Dr. Ploberger über die Organe der TCM
Dazu gehören:
- Gehirn
- Knochen und Rückenmark
- Gefäße
- Gebärmutter
- Gallenblase
Wie die sechs Fu-Organe sind sie von hohler Form, speichern aber Essenz (Jing) wie die fünf Zang-Organe. Da Gehirn, Knochen und Rückenmark von Essenz (Jing) genährt werden, und da die Gefäße und die Gebärmutter für ihre Funktion Leber-Blut benötigen, sind die außerordentlichen Organe eng mit Leber und Nieren verbunden. Klinisch werden Störungen der außerordentlichen Organe daher meist allgemein als Probleme im Bereich von Leber und Nieren bezeichnet.
1. Gehirn
In der TCM wird das Bewusstsein dem Herzen zugeordnet, auch wenn alle fünf Zang-Organe mitbeteiligt sind. Laut TCM-Literatur speichern die Nieren Essenz (Jing), welche Knochen und Rückenmark nährt; daher ist das Gehirn mit den Nieren verbunden. Anhand praktischer Beobachtungen stellten die alten Weisen fest, dass Vergesslichkeit, Sehschwäche, Tinnitus (Ohrensausen) oder Taubheit sowie graue Haare Anzeichen des Alterns sind. Diese Eigenschaften werden der Abnahme der Essenz (Jing) zugeschrieben. (Veränderungen der Essenz (Jing) bestimmen Wachstum, Entwicklung, Alter und Tod eines Menschen). Die Hauptfunktion des Gehirns ist laut TCM-Literatur das Gedächtnis sowie die sensorischen Fähigkeiten des Körpers. Bei ausreichender vorhandener Essenz (Jing) wird das Gehirn gut genährt, der Mensch ist mit einem guten Gedächtnis, guter Sehschärfe und feinem Gehör ausgestattet. Ein Essenz-Mangel (Jing-Mangel) äußert sich in Vergesslichkeit, Seh- und Hörschwäche.
2. Knochen und Rückenmark
Die Knochen prägen laut TCM-Literatur die Form des Körpers, schützen die Gefäße und tragen das Körpergewicht. Um wachsen zu können, benötigen sie ein wohlgenährtes Rückenmark. Das Rückenmark der Wirbelsäule soll in den Schädel münden. Die Folgen eines Essenz-Mangels (Jing-Mangels) sind daher neben der Osteoporose eine schlechte Entwicklung des Knochenbaus sowie ein schlechtes Gedächtnis.
3. Gefäße
Gefäße sind überall dort, wo Qi und Blut (Xue) zirkulieren. Sie verhindern das Ausfließen des Blutes und stehen mit dem Herzen in einer engen Beziehung. Reißen die Gefäße ein, kommt es zu einem Flüssigkeitsaustritt und bei Problemen im Bereich der Gefäße möglicherweise zu Blut-Stagnationen.
4. Gebärmutter
Die Gebärmutter befindet sich im Zentrum des Unterleibs hinter der Blase. Dieses Organ produziert das Menstruationsblut und nährt im Falle einer Schwangerschaft den Fötus. Menstruation und Schwangerschaft sind komplexe Vorgänge, die von Leber und Nieren sowie den Chong- und Ren-Mai abhängig sind. Hier sind die folgenden drei Aspekte zu beachten:
1) Die Wirkung des Tiankui und der Nieren
Ist die Essenz (Jing) bis zu einem gewissen Grad entwickelt, entsteht das sogenannte „Tiankui“.
„Tiankui“ kann mit „himmlisches Wasser“ übersetzen. Dieser Begriff hat in der chinesischen Medizin verschiedene Bedeutungen. Der Beginn der Menstruation zur Zeit der Menarche bzw. zur Zeit der monatlichen Blutung wird als Ankunft des „Tiankui“ beschrieben. Die Menopause kann als Versickern des „Tiankui“ bezeichnet werden. Einige Schulen betrachten das „Tiankui“ als Menstruation, andere Schulen sehen darin jedoch eine verstärkte vaginale Sekretion, die der Menstruationsblutung vorausgeht. Wie auch immer, da Blut und Körpersäfte (Jin Ye) eine gemeinsame Quelle haben und ineinander umgewandelt werden können, ist diese Unterscheidung nicht von großer Bedeutung. In der Jing-Dynastie schrieb Shen Jao-Fang: „Das „Tiankui“ entspricht der weiblichen Essenz (Jing). Es fließt durch das Ren Mai und führt zur Menstruationsblutung.
2) Funktionen von Chong- und Ren-Mai
Diese beiden Meridiane haben ihren Ursprung im Bereich der Gebärmutter. Der Chong-Mai (Konzeptionsgefäß) übt seine verteilende Funktion gemeinsam mit dem Nierenmeridian aus und kommuniziert mit dem Yangming-Meridian (Yangming: Magen und Dickdarm), er reguliert daher Qi- und Blutfluss in allen zwölf Hauptmeridianen und wird „Meer der zwölf Hauptmeridiane“ genannt. Der Ren-Mai (Konzeptionsgefäß) ist im Unterleib mit den drei Yin-Meridianen des Fußes verbunden und reguliert Qi und Blut in allen Yin-Meridianen des Körpers. Er wird daher „Meer der Yin-Meridiane“ genannt. Ist in den zwölf Hauptmeridianen ausreichend Qi und Blut vorhanden, so fließen diese durch die Chong- und Ren-Mai in die Gebärmutter und verursachen die Menstruationsblutung. Chong- und Ren-Mai werden jedoch vom „Tiankui“ kontrolliert. In jungen Jahren ist zu wenig Essenz (Jing) und damit kein „Tiankui“ vorhanden, die beiden Meridiane transportieren zu wenig Qi und Blut, es kommt zu keiner monatlichen Menstruationsblutung. Im Verlauf der körperlichen Entwicklung wird vermehrt Essenz (Jing) gebildet, es entsteht „Tiankui“, damit auch Menstruationsblutung und Gebärfähigkeit. Sobald die Frau ein höheres Alter erreicht und damit ihre Essenz (Jing) abnimmt, wird auch kein „Tiankui“ mehr produziert, Chong- und Ren-Mai werden nicht mehr ausreichend mit Qi und Blut versorgt, und es kommt zur Menopause. Chong- und Ren-Mai können auch blockiert sein, die Folgen sind unregelmäßige Monatsblutungen oder sogar Sterilität (Unfruchtbarkeit).
3) Auswirkungen von Herz, Leber und Milz
Die Gebärmutter steht auch in einer Beziehung zu den fünf Zang-Organen sowie den sechs Fu-Organen, am engsten jedoch zu Herz, Leber und Milz. Denn sowohl die Menstruation als auch die Entwicklung des Fötus benötigen eine ausreichende Blutversorgung. Da das Herz das Blut kontrolliert, die Leber das Blut speichert und die Milz Blut produziert, kann eine Mangel- oder Fehlfunktion dieser Organe die physiologischen Funktionen der Gebärmutter beeinflussen und zu Menstruations- bzw. Schwangerschaftsstörungen führen. Bei Mangelerscheinungen von Herz und Milz wird z.B. nicht ausreichend Qi und Blut produziert, die Folgen sind eine schwache oder verspätete Menstruationsblutung bzw. Amenorrhoe (Ausbleiben der Menstruationsblutung). Eine Leber-Qi-Stagnation führt oftmals zu unregelmäßigen Monatsblutungen, da die verteilende und ausscheidende Funktion der Leber ausbleibt.
5. Gallenblase
Die Gallenblase liegt direkt unter der Leber unter dem rechten Rippenbogen. Normalerweise ist sie nicht tastbar. Sie ist sowohl ein Fu-Organ als auch ein außerordentliches Fu-Organ. Ihre Hauptfunktionen sind das Speichern und Ausscheiden von Gallenflüssigkeit in den Dünndarm zur Unterstützung der Verdauung. Zusätzlich ist von ihr die reibungslose Funktion der Zang-Fu-Organe des ganzen Körpers abhängig. Gallenflüssigkeit ist gelblich grün. Sie wird von der Leber erzeugt und in der Gallenblase gespeichert wird, um durch die Einwirkung der Leber zur Unterstützung der Verdauung in den Dünndarm ausgestoßen zu werden. Ist dieser Effekt gut ausgeprägt, dann wird ausreichend Gallenflüssigkeit abgesondert, die verdauende Funktion von Milz und Magen ist somit gewährleistet. Kann die Leber ihre Sekrete nicht optimal abbauen und ausstoßen, so stagniert ihr Qi, die Sekretion von Gallenflüssigkeit wird behindert, es kommt zu einer verhärteten Bauchdecke, zu Schmerzen, schlechtem Appetit und Abneigung gegenüber fettem Essen. Eine weitere Folge ist dünnflüssiger Stuhl: insgesamt die bekannten Symptome eines Milz-Qi-Mangels. Steigt das Leber-Yang im Übermaß auf oder entsteht Leber-Feuer, dann kann auch Gallenflüssigkeit nach oben fließen mit Folgezuständen wie bitterer Geschmack im Mund; nebst einem verhärteten und schmerzenden Oberbauch kommt es zu Erbrechen einer gelblich grünen Flüssigkeit. Fließt die Gallenflüssigkeit gar in den Bereich von Haut und Muskeln, ist Ikterus (Gelbsucht) die Folge.
Quellenangabe:
Ploberger, F. (2016) Die Grundlagen der Traditionellen Chinesischen Medizin, 2. Auflage, Schiedlberg: Bacopa.
Beitragsbild: iStock_#00001035411
Hier gelangen sie zum Buch von F. Ploberger „Die Grundlagen der Traditionellen Chinesischen Medizin“:
Dr. med. Florian Ploberger, B.Ac., MA, TCM-Arzt, Tibetologe, Fachbuchautor. Internationale universitäre und interdisziplinäre Lehrtätigkeit und zahlreiche Publikationen in den Themenbereichen Tibetische Medizin und TCM. Präsident der Österreichischen Ausbildungsgesellschaft für Traditionelle Chinesische Medizin (ÖAGTCM).
Mehrere Bücher veröffentlicht. (Schwerpunkte: Westliche Kräuter aus Sicht der TCM sowie Tibetische Medizin). Von der Direktion des Men-Tsee-Khang (Institut für Tibetische Medizin und Astrologie in Dharamsala, Nordindien) mit der Übersetzung der ersten beiden und des letzten Teils des bedeutendsten Werkes der Tibetischen Medizin (rgyud bzhi) beauftragt. Weitere Informationen finden Sie unter www.florianploberger.com