Interview mit Prof. Dr. Gert Kaluza, Autor des Buches Gelassen und sicher im Stress
Naturmed: Herr Kaluza, in Ihrem Buch „Gelassen und sicher in Stress: Das Stresskompetenzbuch“ sprechen Sie viel über die Bedeutung von Stresskompetenz. Könnten Sie uns bitte erklären, was genau Stresskompetenz ist und warum sie so wichtig ist?
Kaluza: Lassen Sie uns dazu zunächst klären, was wir überhaupt unter Stress verstehen. Es geht um Situationen, deren erfolgreiche Bewältigung wir als persönlich wichtig und zugleich unsicher einschätzen. Also, es ist für uns wichtig, dass wir die Sache in den Griff bekommen, sind aber unsicher, ob uns das gelingen wird. In diesen Situationen erleben wir Stress mit seinen vielfältigen körperlichen, emotionalen und mentalen Auswirkungen. Treten derartige Stresssituationen immer wieder kurz hintereinander auf oder dauern sie über längere Zeiträume an, so dass keine ausreichende Zeit für Entspannung und Erholung bleibt, dann können die Stressreaktionen zu einer erheblichen Gefahr für die körperliche und psychische Gesundheit werden. Mit Stresskompetenz bezeichne ich allgemein Fähigkeiten des Einzelnen, Stresssituationen sowohl proaktiv, also im Vorhinein, zu verhindern als auch reaktiv, also, wenn sie bereits eingetreten sind, schnell und effektiv zu beenden, und so die eigene Gesundheit vor stressbedingten Gefahren zu schützen.
Naturmed: Stress ist ein allgegenwärtiges Phänomen in unserer heutigen Gesellschaft. Welche konkreten Methoden oder Strategien empfehlen Sie in Ihrem Buch, um Stress zu bewältigen und gleichzeitig gelassen zu bleiben?
Kaluza: Da die Situationen, die Stress auslösen, individuell und von Mensch zu Mensch unterschiedlich sind, bin ich zurückhaltend damit, vermeintlich allgemeingültige Ratschläge zu erteilen. Einfache Patentrezepte gibt es nicht wirklich. So individuell wie Stress entsteht, so individuell sollten auch die Methoden und Strategien zur Stressbewältigung zugeschnitten sein. Aber wir können Optionen aufzeigen und unterscheiden dazu grundsätzlich 3 Hauptwege zur individuellen Stressbewältigung:
1. Die Instrumentelle Stressbewältigung:
Der Ansatz liegt hier bei den äußeren stressauslösenden Bedingungen, den sog. Stressoren, mit dem Ziel, diese zu vermeiden, abzubauen oder zumindest zu verringern. Dies kann ich beispielsweise erreichen, indem ich Neues lerne und dadurch meine fachlichen Kompetenzen etwa für neue berufliche Aufgaben erweitere, oder durch verbesserte Arbeitsprozesse und eine gute, realistische Zeitplanung, und auch dadurch, dass ich klare Grenzen setze, und mich aktiv um Unterstützung bemühe.
2. Die mentale Stressbewältigung
Stress entsteht zu einem erheblichen Teil im Kopf. Mentale Stressbewältigung zielt darauf ab, stressverschärfende Einstellungen und Bewertungen zu erkennen, kritisch zu reflektieren und durch stressvermindernde, förderliche Einstellungen und Bewertungen zu ersetzen. Inhaltlich geht es z.B. darum, eigene perfektionistische Leistungsansprüche kritisch zu überprüfen und eigene Leistungsgrenzen akzeptieren zu lernen, sich mit alltäglichen Aufgaben weniger persönlich zu identifizieren und mehr innere Distanz zu wahren, und auch darum, weniger feste Vorstellungen und Erwartungen an andere zu haben und die Realität zu akzeptieren. Das ist oft ein längerer Weg, der die Bereitschaft und auch den Mut zu einer selbstkritischen Auseinandersetzung mit eigenen Ansprüchen, Erwartungen und Bewertungen erfordert.
3. Die regenerative Stressbewältigung
Hier geht es um solche Strategien, die darauf abzielen, bestehende körperliche Anspannung zu lösen und innere Unruhe und Nervosität zu dämpfen, sowie Strategien, die dazu dienen, die eigene Widerstandskraft gegenüber Belastungen auf Dauer zu erhalten und neue Energien aufzubauen. Dies kann zum Beispiel durch regelmäßige Entspannungsübungen, durch Sport und Bewegung und dadurch erreicht werden, dass wir positive soziale Kontakte und genussvolle Freizeitaktivitäten pflegen.
Es gibt also ein ganz breites Spektrum an Möglichkeiten zur Stressbewältigung, und wir können jeweils prüfen, welche davon für unser ganz persönliches Stresserleben geeignet sind und auch zu uns als Person passen und uns als gangbar erscheinen.
Naturmed: Ein zentraler Aspekt Ihres Buches ist die Idee, dass es möglich ist, sich in stressigen Situationen sicher zu fühlen. Wie kann man diese Sicherheit entwickeln, insbesondere wenn man sich in herausfordernden oder unvorhersehbaren Umständen befindet?
Kaluza: Ganz entscheidend ist hier die sogenannte Selbstwirksamkeitsüberzeugung. Das ist die tiefe Zuversicht, dass die eigenen Kompetenzen ausreichen werden, um mit der Situation fertig zu werden. Wir können diese Überzeugung in uns stärken, indem wir unsere Gedanken gezielt auf unsere Stärken, Kompetenzen und bereits erzielte Erfolge richten, anstatt sie um Defizite und frühere Misserfolge kreisen zu lassen, was leider häufig der Fall ist. Auch die Erinnerung an belastende Situationen, die wir nicht wirklich lösen konnten und mit deren Folgen wir aber doch irgendwie klargekommen sind, kann die Selbstwirksamkeit stärken.
Naturmed: Sie betonen die Rolle der Achtsamkeit als Instrument zur Stressbewältigung. Könnten Sie uns bitte erläutern, wie Achtsamkeit dabei helfen kann, mit Stress umzugehen, und wie man Achtsamkeit in den Alltag integrieren kann?
Kaluza: Achtsamkeit meint eine innere Haltung der wachen, offen-neugierigen Wahrnehmung und des bewertungsfreien Annehmens dessen, was ist. Achtsamkeit schafft eine innere Distanzierung von den automatisierten körperlichen und emotionalen Stressreaktionen, anstatt sich, was häufig passiert, immer weiter in sie hineinzusteigern. Wir entwickeln in uns einen „inneren Beobachter“ als einen inneren Rückzugsort, der nicht in das aktuelle Stressgeschehen involviert ist. Achtsamkeit lässt sich trainieren, zum Beispiel durch Übungen zur Atembeobachtung, durch den sog. BodyScan und das Beobachten des eigenen Gedankenkarussells. Und je besser sie geübt ist, desto eher kann man sie auch in schwierigen, belastenden Situationen einsetzen.
Naturmed: Abschließend, was würden Sie den Lesern mit auf den Weg geben, die Ihr Buch lesen und ihre eigene Stresskompetenz verbessern möchten? Gibt es einen Ratschlag, den Sie besonders hervorheben würden
Kaluza: Wie bereits gesagt, das eine Patentrezept gibt es nicht. Wichtig ist, eigene körperliche und psychische Stresssymptome frühzeitig ernst zu nehmen, statt sie so lange wie irgend möglich zu übergehen, was leider häufig passiert. Viele Menschen versuchen, um jeden Preis „durchzuhalten“, verleugnen oder bagatellisieren ihre Situation, statt sich mit ihr (selbst-)kritisch auseinanderzusetzen. Dies erfordert Mut, wird aber in der Regel damit belohnt, dass neue Energie freigesetzt wird. Energie, die bis dahin für die Aufrechterhaltung der Verleugnung, für das Verharren im »Immer-weiter« gebraucht wurde und die nun in eine Änderung der eigenen Lebenssituation und Lebensweise investiert werden kann. Hilfen bei der Umsetzung habe ich in meinem Buch beschrieben.
Naturmed: Herr Kaluza, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Gelassen und sicher im Stress
Das Stresskompetenz-Buch: Stress erkennen, verstehen, bewältigen
Stefan Müller-Gißler ist eine bemerkenswerte Persönlichkeit in der Welt der Fachliteratur für alternative Medizin. Als Geschäftsführer des renommierten Verlags Müller & Steinicke hat er sich einen Namen gemacht, insbesondere durch sein Engagement und seine Expertise in Bereichen wie Homöopathie, Akupunktur und Impfen. Seine Karriere zeichnet sich durch eine tiefe Leidenschaft und ein umfassendes Wissen in diesen Fachgebieten aus.
Sein langjähriges Interesse und Engagement in diesen Bereichen geht über die reine Verlagsarbeit hinaus. Müller-Gißler ist bekannt für seine Teilnahme an Fachkonferenzen und Seminaren, wo er regelmäßig als Redner und Experte auftritt. Durch diesen Austausch mit Fachleuten und das ständige Verfolgen neuester Forschungsergebnisse hält er sich kontinuierlich auf dem Laufenden und integriert aktuelle Erkenntnisse in das Verlagsprogramm.
Neben seiner beruflichen Tätigkeit engagiert sich Stefan Müller-Gißler auch in verschiedenen Fachverbänden und trägt so zur Weiterentwicklung und Verbreitung des Wissens in den Bereichen der alternativen Medizin bei. Sein Einfluss ist weitreichend und seine Arbeit hat wesentlich dazu beigetragen, das Verständnis und die Akzeptanz von Homöopathie, Akupunktur und Naturheilkunde zu fördern.
Insgesamt ist Stefan Müller-Gißler eine Schlüsselfigur in der Welt der alternativen Medizin. Sein Lebenswerk spiegelt seine Leidenschaft und sein Engagement für diese Fachgebiete wider und macht ihn zu einer respektierten und einflussreichen Persönlichkeit in diesem Bereich.