Kinderwunsch-Behandlung – Hilfe durch TCM
Mehr und mehr Paare suchen inzwischen nach professioneller Hilfe, um ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Die Lebensläufe haben sich geändert – hatte früher die Familiengründung schon im Alter von 20-30 Jahren höchste Priorität, so verlagert sich nun –planbar geworden durch Verhütung- die „Kinderfrage“ auf die folgende Zeit bis zum 45. Lebensjahr. Leider ist dies nun häufig nicht mehr so planbar- verhindern doch Belastung in Beruf und Alltag die Fruchtbarkeit ebenso wie die natürlichen kleinen Alterungsprozesse. Der Kinderwunsch wird so immer dringender und zwingender. Irgendwann wird dann die Diagnose „Unfruchtbarkeit“ gestellt. Aus Sicht der westlichen Medizin spricht man von Unfruchtbarkeit, wenn es innerhalb von 2-3 Jahren nach Beendung von Verhütungsmassnahmen nicht zu einer Schwangerschaft kommt. Wobei Frau und Mann etwa je zur Hälfte an der Nicht-Erfüllung des Kinderwunsches beteiligt sind. In den letzten Jahren entstanden so immer mehr Kliniken und Praxen, die mit Hilfe der modernen Reproduktionsmedizin – also IVF, Inseminationen etc. den verzweifelten Paaren helfen. Die Erfolgsrate dort liegt bei 15-25 %.
Vielerlei Ursachen können die Erfüllung des Kinderwunsches behindern. Beruflicher, gesellschaftlicher Druck, andere emotionale Belastungen, Umweltgifte, innere Erkrankungen u.a. führen zu hormonellen Störungen und somit zur Einschränkung der Fruchtbarkeit von Mann und Frau. Und selten liegt die Störung ausschließlich bei einem Partner.
Unfruchtbarkeit aus Sicht der chinesischen Medizin
Qi bedeutet Leben und Bewegung. Neues Leben – ein Kind- ist neues Qi, das durch das Zusammenspiel von Yin und Yang –also von Frau und Mann- gezeugt wird. So wie durch die Bewegungen des Himmels (Yang) und der Erde (Yin) das Leben in dieser Welt überhaupt geschaffen wird. Es ist eine schöne Perspektive, die diese Vereinigung begleitet. Die Vereinigung von Mann und Frau sollte in Harmonie und Glück erfolgen. Und eigentlich auch im Sinne des „Wu Wei“ des Daoismus: Nicht Wollen, Nicht Erzwingen. Wenn der richtige Zeitpunkt da ist, wenn die Bewegungen von Himmel und Erde, Mann und Frau harmonisch und frei sind, dann entsteht das Leben. Druck, Anspannung und „Wollen“ steht dem entgegen. Planung, womöglich unter Zeitdruck („die biologische Uhr“) ist in dieser Hinsicht kontraproduktiv. Häufig ist es mit dem Kinderkriegen so wie mit dem Einschlafen: Wenn man unbedingt Einschlafen will, geht es nicht, aber wenn man sich mit dem Gedanken einer schlaflosen Nacht abgefunden hat, sinkt man in Orpheus´Arme…Die Behandlung der Unfruchtbarkeit mit der chinesischen Medizin umfasst möglichst alle Aspekte dieser Disharmonie. Man kann jedoch die Fruchtbarkeit an verschiedenen Ansatzpunkten deutlich verbessern – bei der Frau wie beim Mann. Vor allem kann die chinesische Medizin wunderbar helfen das Bett zu bereiten, in dem das Kind entstehen kann.
Die Störung der Energetik
In erster Linie ist eine Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit Ausdruck einer Erschöpfung der Nieren-Energie. Darüber hinaus sind aber Frau und Mann in ihrer Energetik verschieden. Die Frau ist Yin, und bei ihr stehen daher Probleme des Blutes weitaus mehr im Vordergrund. Ein gestörter Menstruationszyklus weist bei ihr auf Blockaden oder Schwächen von Qi und Blut hin. Ebenso auch Endometriose oder Myome, die beide Ansammlungen von Qi und Blut sein können. Der Mann ist Yang – und so stehen bei ihm Probleme des Qi im Vordergrund. Beim Mann verändert sich die Samenqualität durch Blockaden und Belastungen der Leber. Eine unzureichende Zahl der Spermien sowie eine schlechte Qualität sind beim Mann Ausdruck der Nierenschwäche, eine verschlechterte Beweglichkeit deutet auf eine Disharmonie der Wandlungsphase Holz und somit der Leber hin. Bei beiden Partnern schließlich führt dann eine Störung des Stoffwechsels und der Assimilation (Milz) zu Problemen mit Feuchtigkeit und Schleim. Bei der Frau bilden sich Zysten bis hin zum polyzystischen Ovar (POS) oder Ausfluss signalisiert eine Feuchtigkeitsbelastung. Beim Mann zeigt sich dies dann durch Prostataentzündungen oder im Spermiogramm durch Veränderung der Viskosität, Farbe und möglicherweise im Nachweis von Bakterien.
Ziel der Kinderwunsch-Behandlung mit chinesischer Medizin sind die Optimierung von
- Menstruationszyklus: Er sollte etwa 28 Tage lang sein, der Eisprung in der Mitte liegen und regelmäßig sein. Zur Zeit des Eisprungs sollte Zervixschleim bemerkbar werden und auch sonst sollte ausreichend Feuchtigkeit in der Scheide vorhanden sein.
- Monatsblutung: Die Blutung sollte ohne starke Beschwerden (auch davor) und ohne Klumpenbildung abfliessen, nicht zu lange und nicht zu kurz sowie die Intensität nicht zu stark sein.
- Spermiogramm: eine ausreichende Zahl von gut ausgebildeten und beweglichen Spermien in einer guten Flüssigkeit.
- Beziehung des Paares durch Gespräche und Akupunktur – denn diese leidet nicht selten unter der enormen Belastung, die ein unerfüllter Kinderwunsch mit sich bringt.
Leitsymptome
Eine Störung von Blut und Qi äußert sich bei der Frau in einem gestörten Menstruationszyklus sowie bei Störungen der Monatsblutung. Die Messung der Basaltemperatur gibt dem TCM-Therapeuten wichtige Informationen über Schwächezustände und Blockaden. So ist die erste Phase des Zyklus eine Phase des Aufbaus von Qi und Blut. Die Temperatur ist relativ niedrig. Der Eisprung signalisiert das Erreichen einer optimalen Menge an Blut, das Qi der Leber bewirkt die Ovulation. Danach bereitet sich der Körper auf die Einnistung des befruchteten Eis oder auf die Menstruationsblutung vor. Die Temperatur ist angestiegen, es ist viel Yang, Qi und Blut vorhanden. Mit dem Einsetzen der Blutung sinkt die Temperatur wieder ab. Die Temperaturkurve zeigt also Störungen von Yin und Yang (Höhe der Temperatur) sowie Störungen des Zusammenspiels/des Leber Qi (Wechselhaftigkeit, Blockaden, Verzögerungen z.B.).
Während bei der Frau die Beobachtung des Menstruationszyklus so schon sehr wichtige Informationen liefert, so geht die Beurteilung der energetischen Situation des Mannes von Puls- und Zungendiagnose sowie von der genauen Beurteilung des Spermiogramms aus. Auch die Produktion der Samenzellen ist abhängig vom gesamten Organismus!
Was zeigt die Zunge!
Ein dicker, schmieriger und womöglich noch gelber Zungenbelag und/oder ein gedunsener Zungenkörper weisen auf Feuchtigkeit und ggf. auch auf Hitze hin. Erleichtern Sie dann Ihren Stoffwechsel und die Verdauung durch eine Kost, die wenig tierisches Eiweiß (Fleisch, Fisch, Eier, Milchprodukte) und Fett enthält. Veränderungen des Zungenrandes sind ein Hinweis auf Disharmonien der Leber – von einer Stauung (Leitsymptom: Druck) bis hin zum aufsteigenden Yang der Leber (Leitsymptom: Hektik, Ungeduld, Wutausbrüche). Da ist es dann sinnvoll durch Bewegung (Ausdauersport, Qigong, Taijiquan etc.) eine Ausgewogenheit zwischen An- und Entspannung zu erreichen!
Was können Sie selber tun? Tipps zum Thema Kinderwunsch:
Sorgen Sie dafür, daß Sie und Ihr Partner gesund sind und dass Ihre Liebe und Zuneigung die Beziehung fruchtbar macht! Ein gesundes Paar in einer harmonischen Beziehung ist die wichtigste Voraussetzung dafür, daß Sie beide einen im wahrsten Sinn des Wortes „fruchtbaren Boden“ bereiten. Gesundheit heißt Wohlbefinden – und so sind auch kleinere Beschwerden, die Sie vielleicht schon lange mit sich herumschleppen, für den TCM-Therapeuten ein wichtiger Hinweis auf energetische Disharmonien, die die Nieren-Energie und somit die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.
Hier ein paar Tipps bei Kinderwunsch:
- Erschöpfung, Lustlosigkeit und großes Schlafbedürfnis sind ein Hinweis auf eine Schwäche der Nieren. Wichtige Akupunkturpunkte zur Behandlung mit Akupressur und /oder Moxakraut sind z.B. Renmai 4, Renmai 6, Blase 23, Dumai 4, Milz 6
- Eine große Bereitschaft zum Ärgern und ständiger innerer Druck signalisiert: Die Leber ist in Disharmonie. Hier können dann z.B. die Punkte Leber 3, Dickdarm 4 und Milz 10 gedrückt werden.
- Breiiger Stuhl oder Durchfall und Blähungen, häufig zusammen mit Mattigkeit und Schweregefühlen sind Zeichen für eine Schwäche der Milz. Das Drücken von Magen 25, Milz 15 und Milz 6 kann da schon neben einer Regulierung der Ernährung eine gewisse Erleichterung bringen. Oder Nabelmoxa: einen Moxakegel mit Salzisolation ggf. auch mit Ingwerscheibe auf dem Bauchnabel. Alternativ den Bauchnabel täglich 3-5 Minuten mit der Moxazigarre moxen.
Eine Zusammenarbeit zwischen westlicher und chinesischer Medizin in der Kinderwunschbehandlung nützt die Vorteile beider Systeme! So ist eine Erhöhung der Erfolgsquote auf 50-60% durchaus realistisch! - Was heutzutage häufig vergessen wird: Die Spermien lieben es kühl! Heiße Bäder sind ebenso wie Sauna und zu enge Unterhosen schlecht für die Samenqualität!
- Wenn sich an der Zunge (Belag, Schwellung), beim Spermiogramm (Farbe, Viskosität) oder an den klinischen Befunden Feuchtigkeit und Schleim offenbaren, so ist der wichtigste Ansatz die Regelung der Ernährung. Leichte Kost für Körper und Geist ist angesagt- das heißt auch, dass man sich auf das Essen konzentrieren soll. Nicht gleichzeitig Lesen, Lernen oder Fernsehen! Die Mahlzeiten sollten keine Milchprodukte und wenig Fett enthalten, vor allem leicht verdauliche Kohlenhydrate. Um die Verdauung zu erleichtern und so dem Körper insgesamt mehr Qi zur Verfügung zu stellen, sollte das Essen immer gekocht/gedünstet sein. Auf keinen Fall Rohkost, wenn Kältegefühle der ständige Begleiter sind!
Behandlung durch den professionellen TCM Therapeuten
Die Behandlung eines unerfüllten Kinderwunsches mit den Methoden der TCM erfordern besondere Erfahrungen und Kenntnisse des TCM-Therapeuten (Heilpraktiker oder Arzt). Bei anderen Krankheiten/Disharmonien geben Puls- und Zungendiagnose sowie eine ausführliche Befunderhebung im Rahmen eines therapeutischen Gesprächs die entscheidenden Informationen. Bei Unfruchtbarkeit sind jedoch auch Spezialkenntnisse aus Gynäkologie und Andrologie notwendig. Die Temperaturkurve und das Spermiogramm geben wichtige unverzichtbare Detailinformationen. Jedoch muss auch eine Beurteilung der Hormonwerte und anderer Befunde aus der westlichen Medizin in die Behandlung mit einfließen. Eine Einschätzung schulmedizinischer Maßnahmen wie Hormonbehandlung oder diagnostische Verfahren (Laparoskopie, Sonografie etc.) wird mit Recht auch vom Patienten erwartet, gerade wenn die TCM-Behandlung parallel zu reproduktionsmedizinischen Techniken geschieht.
Der TCM- Therapeut kann dann in verschiedenen Phasen der Kinderwunsch-Behandlung tätig werden:
- Der natürliche Weg – Wiederherstellung der Fruchtbarkeit und Empfängnis. Hier werden Monatszyklus und Spermiogramm reguliert.
- Nach erfolgloser künstlicher Befruchtung, IVF – hier gilt es die durch die intensive Hormonbehandlung ausgelöste energetische Erschöpfung wieder auszugleichen
Eine Zusammenarbeit zwischen westlicher und chinesischer Medizin in der Kinderwunschbehandlung nützt die Vorteile beider Systeme! So ist eine Erhöhung der Erfolgsquote auf 50-60% durchaus realistisch! - Begleitung der reproduktionsmedizinischen Schritte, einschließlich der künstlichen Befruchtung v.a. durch Verbesserung der Qualität der Eizellen und der Einnistungschancen.
- Angewendet wird zur Regulierung der Mensis und des Spermiogramms bei (1) meist die Akupunktur. Bei (2) und (3) werden zunehmend chinesische Kräuterrezepturen eingesetzt, gerade um Qi und Blut der Frau zu regulieren und die Nierenenergie wieder aufzubauen.
Konkret- die Behandlung bei Kinderwunsch
- Die Kinderwunschbehandlung braucht Zeit – sie umfasst sowohl bei der Frau als auch beim Mann einen Zeitraum von mindestens 3 Monaten wenn nicht schon vorher eine Schwangerschaft eintritt!
- Zunächst findet ein erstes Gespräch mit beiden Partnern statt – auch wenn die Schulmedizin nur bei einem Partner Einschränkungen der Fruchtbarkeit festgestellt hat. Häufig kommt es auf die „Chemie“ zwischen Mann und Frau an…In diesem ersten sondierenden Gespräch wird festgestellt, bei wem die Behandlung in welcher Form stattfinden kann: Akupunktur, Arzneimittel, Ernährung, Lebensweise, Partnerschaft, Begleitung der künstlichen Befruchtung/Insemination etc…. Vorhandene Befunde (Labor etc.) sollten mitgebracht werden.
- Getrennte ausführliche Erstgespräche mit dem Partner, bei dem eine Behandlung am sinnvollsten erscheint
- Anleitung zum Führen der Temperaturkurve
- Befolgung der „Hausaufgaben“ (Ernährung, Bewegung etc.)
- Verordnung von Arzneimitteln erfolgt meist im Abstand von 1-2 Wochen
- Akupunkturbehandlungen werden meist einmal wöchentlich durchgeführt
- Nach 3 Monaten ggf. Kontrolle des Spermiogramms und der Hormonwerte.
- Begleitung bei reproduktionsmedizinischen Maßnahmen
- Bei Schwangerschaft energetische Optimierung durch wöchentliche Akupunkturbehandlungen (jeweils 1-2 Punkte)
- Kosten: Sie müssen für die ausführlichen ersten zwei Gespräche jeweils 100-150 € rechnen. Die Behandlungen werden bei den meisten TCM-Therapeuten 50-80 € kosten.
Prof. (Univ. Chengdu/China) Andreas A.Noll
Praxis für TCM in München und Berlin, Heilpraktiker
www.praxis-noll.de, [email protected]
Praxis für chinesische Medizin seit 1984 in Berlin und 2003 in München. Studium von Sinologie und Religionswissenschaften und Akupunktur-Ausbildung in Sri Lanka und China während zahlreicher Studienreisen nach Chengdu, Shanghai, Beijing u.a.. Vorsitzender der AG für Klassische Akupunktur und TCM 1999 – 2005, Leiter der TCM-Schule Shou Zhong (ABZ Ost f.Klassische Akupunktur und TCM) von 1990-2000, Dozent in Deutschland,der Schweiz und Österreich. Gastprofessor an der Chengdu University of TCM seit Mai 2006.
Publikationen:
Der ältere Patient in der TCM (Hg. mit B.Ziegler), Elsevier 2006
Stresskrankheiten behandeln mit TCM (Hrg. mit B.Kirschbaum), Elsevier 2006
Handbuch der Phytotherapie, 1989, MZ-Verlag
Die Wandlungsphasen in der Traditionellen Chinesischen Medizin, Band 1-5 1992-2004, Müller&Steinicke, München (Autorenteam mit U.Lorenzen)
Chinesische Medizin bei Fertilitätsstörungen – Erfolgreiche Behandlung bei unerfülltem Kinderwunsch, Hrg., Hippokrates 2007
Traditionelle Chinesische Medizin (Ratgeber), Gräfe und Unzer, 2008