Warum es unwichtig ist, ob Homöopathie nachweisbar ist oder nicht. Ein Bericht aus Sicht eines Patienten
Als Manager einer internationalen Firma war ich permanent europaweit unterwegs. Meine Frau, Tochter eines Verlagsinhabers für homöopathische Literatur, versuchte mich immer zu überzeugen, dass Homöopathie hilft – doch ich stand dem kritisch gegenüber.
Nachdem einige Beschwerden immer wieder auftraten und die Schmerzmittel nur die Auswirkungen und nicht die Ursache bekämpften, begab ich mich zu einer bekannten Münchner Homöopathin. Sie führte mit mir eine homöopathische Befragung (sog. Anamnese) durch und erstellte von mir eine Art Profil.
Als ich wieder auf einer meiner Geschäftsreisen war, erlitt ich einen spontanen grippalen Affekt und rief bei der Homöopathin an. Sie verordnete mir zwei Mittel, entweder das eine oder das andere würde helfen. Ich besorgte mir die Mittel und etwa 30 min nach der Einnahme wurden die Beschwerden merklich weniger, nach 2 Stunden waren diese verschwunden und ich von der Wirkung der Homöopathie überzeugt.
Über die nächsten 20 Jahre meines Lebens wurde diese Vorgehensweise die perfekte Lösung bei zahlreichen Beschwerden. Keine langwierigen Terminabsprachen, keine Wartezeiten, Arzneimittel ohne Nebenwirkungen – perfekt. So kam ich zur Homöopathie.
Viele, die heutzutage Homöopathie verwenden, kamen über das ein oder andere Schlüsselerlebnis zur Homöopathie (meist ausgestattet mit einer eher kritischen Meinung zur Homöopathie., aber auch oft mit einer gewissen Enttäuschung der bisherigen medizinischen Behandlung.)
Hahnemann hatte vor über 250 Jahren mit Selbstversuchen die Wirkung der homöopathischen Arzneien studiert. Die Lehre ging nach USA und Indien, wo Millionen Patienten täglich mit Homöopathie behandelt werden. Auch bei uns ist sie zu einer festen Größe des Gesundheitssystems geworden. Wenn Sie in die Handtaschen heutiger Mütter von Kleinkindern sehen, finden Sie oft die wichtigsten homöopathischen Globuli. Ein Großteil der Bevölkerung würde sich von einem Homöopathen behandeln lassen. Sind also alle verblendet und lassen sich von einem Placebo leiten?
Es gibt immer Zweifler und es wird immer Zweifler geben. Und eigentlich finde ich die Diskussion über die Wirkungsweise längst überholt. So kam vor kurzem ein neues Buch einer homöopathischen Ärztin auf den Markt, in dem sie sich sehr enttäuscht über die nicht nachweisbare Wirkung der Homöopathie äußert. Hauptstreitpunkt ist die schlechte Nachweisbarkeit. Ist alles Placebo? Auch bei Babies, Tiere oder Pflanzen?
Mich interessiert es nicht, ob sich die homöopathische Wirkung nach bestimmten Kriterien nachweisen lässt. Es wirkt bei mir und vielen Millionen Menschen und Tieren auf der ganzen Welt.
Ich selbst, wie auch viele meines Umfeldes, haben die Erfahrung gemacht, dass nicht alle Homöopathen gleich gut sind. Die Homöopathie ist eine Erfahrungsheilkunde, d.h. der Therapeut braucht Erfahrung, fundierte Kenntnisse über die homöopathischen Arzneimittel, er weiß wie er diese einsetzt und kann die Symptome des Patienten gut interpretieren. Wenn all diese Faktoren zusammentreffen, kann diese Heilmethode wirken. Offensichtlich trifft einer oder mehrere dieser Faktoren auf Frau Grams in Ihrer täglichen Praxis nicht zu. Das ist soweit in Ordnung. Was mich jedoch stört, ist die extreme öffentliche Aufmerksamkeit unserer publizistischen Medien. Ein Trainer, dessen Mannschaft absteigt, ist nicht zwangsläufig ein schlechter Trainer. Doch kein Mensch würde sagen, dass der Fußball schuld ist. Und ich glaube (und hoffe) nicht, dass sich jemand abschrecken lässt, weiter der Homöopathie zu vertrauen, nur weil eine ehemalige Homöopathin vom Glauben abfällt. Denn jeder kennt vermutlich inzwischen jemand, bei dem die Homöopathie wirkte – nachweisbar oder nicht.
Stefan Müller-Gißler ist Geschäftsführer des Verlages Müller & Steinicke, einem Spezialverlag für Homöopathie, Akupunktur und Impfen und langjähriger Mitarbeiter in der eigenen Fachbuchhandlung für Akupuntur, Homöopathie und Naturheilkunde. Durch sein langjähriges Interesse konnte ich mir umfangreiches Wissen aus diesen Bereichen aneignen.