Eine humorvolle Geschichte über die Verdauung und das Zusammenspiel der Organe. Teil 1 Die Leber geht auf Reisen
Von Birgit Bonn
Eines Tages entschied die Leber, dass sie etwas ändern wollte. So ging es einfach nicht mehr weiter. Ihre Zellen wurden zusehends müder, es hatten sich sogar schon kleine Fettanhängsel gebildet. Und das in ihrem Alter! Die ganze Elastizität ihres Gewebes ließ deutlich zu wünschen übrig. Kurzum: Es war ein Desaster. Irgendetwas musste geschehen. Unter diesen Voraussetzungen konnte und wollte sie nicht mehr arbeiten!
Doch was sollte sie tun? Sollte sie sich mit den anderen Organen besprechen? Jedoch die beschwerten sich ja schon seit Wochen über zu viel Stress und Arbeit, und dass keine Zeit mehr blieb für Entspannung, Erholung und Spaß. Besonders die Milz klagte häufig. Allerdings war die auch selten zufrieden zu stellen.
Leider schaute aber auch der sonst so langmütige Dickdarm schon betrübt aus der Wäsche, und das hatte etwas zu bedeuten.
Schon lange kämpfte er mit Verdauungsgasen, das merkte die Leber ganz genau. Jawohl, auch wenn der Dickdarm nicht darüber sprach. Er sprach selten über etwas, verrichtete nur entschlossen und stark wie ein Fels in der Brandung seine Arbeit. Sogar die Leber konnte es zischen hören, jawohl, zischen. Das waren die Gase von unverdauter Nahrung.
Infolgedessen waren die Nieren ganz still geworden. Ihr sonst so fröhliches plätscherndes Gelächter tönte nicht mehr durch den Bauchraum, und der Magen grummelte lediglich, wenn er etwas gefragt wurde.
Auch die Blase hatte bei ihren Entleerungen eindeutig zu starke Kontraktionen oder aber zu wenige.
Ja, und was war mit der Bauchspeicheldrüse, ihrer direkten sonst so fröhlichen Nachbarin? Die fing ja schon an zu zittern, wenn auch nur entfernt irgendjemand in einem Nebensatz etwas von Blutzuckerspiegel sagte. Mit der war auch nicht zu rechnen.
Der Dünndarm wackelte viel zu sehr herum. Seine sonst so gezielten Bewegungen waren hektisch und ziellos geworden. Sie könnte sich auch an das Herz wenden, so überlegte die Leber, das war schließlich ihre Zentrale. Die Leber hatte allerdings beobachtet, dass das Herz seit einiger Zeit etwas schief hing und schief schlug. Irgendetwas stimmte da nicht. Doch was war mit der Lunge? Ja, das könnte eine Idee sein. Die Lunge war vielfältig interessiert und immer offen für Neues.
Leider gab die Lunge keine Antwort. Sie schwieg einfach. Das hatte es noch nie gegeben! Nun machte sich die Leber wirklich ernsthafte Sorgen. Die Lunge schwieg einfach.
Was blieb jetzt noch übrig? Sie musste etwas unternehmen. In ihrer Not musste sie Hilfe finden. Daher nahm sie das Gespräch mit der Gallenblase auf. Die war natürlich überhaupt nicht begeistert. Sie wollte ganz in Ruhe ihre Gallenflüssigkeit eindicken und achtgeben, wann die nächste fette Nahrung kam, dann aber raus mit den Verdauungsenzymen!
Verreisen? Und dann noch nicht mal wissen, wohin? Aber die Leber setzte sich durch. Jeder Widerstand war zwecklos. Die Gallenblase seufzte ergeben. Sie wusste ja auch, dass etwas anders werden musste.
Die Leber und die Gallenblase reisten los, ohne den anderen Organen etwas zu sagen.
Das hatte es noch nie gegeben. Aber manchmal muss man in seinem Leben etwas unternehmen, was es noch nie gegeben hatte. Erst dann kommt man ans Ziel. Davon jedenfalls hatte die Leber mal irgendwo gelesen.
Sie befestigte also am Magenausgang das Schild:
Wir sind dann mal weg, bald wieder zurück.
Alles Liebe und Gute und dicke Umarmung, gezeichnet Leber und Gallenblase. Auf den dieser Nachricht folgenden Tumult kann an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Das würde auch zu weit führen. Ebenso soll hier nicht von den Abenteuern berichtet werden, welche die Leber und die Gallenblase auf ihrer Reise bestehen mussten.
Wir beschränken uns also auf den Ausgang dieser mutigen und entschlossenen Entscheidung. Denn das konnte die Leber schon immer: Mutig und entschlossen Entscheidungen treffen.
Schließlich wurde sie wirklich belohnt. Eines schönen Tages bog sie mit der Gallenblase um eine der zahlreichen und vielfältigen Windungen der Straße, auf der sie wanderten und sah das Schild. Sie sah es sofort. Es war nicht wirklich groß oder auffällig, aber die Leber wusste es trotzdem, sie wusste es ganz genau. Sie waren endlich angekommen.
Sie stupste die Gallenblase leicht in die Seite und wies auf das Schild. Die Gallenblase verharrte kurz, und atmete dann tief ein und wieder aus. Schließlich sprach sie, und dabei klang sie wirklich sehr erleichtert: „Na bitte sehr.“ Dann machte sie einen leichten „Glucks“ und ein winziger Tropfen ihrer kostbar gespeicherten Gallenflüssigkeit quoll aus ihrer Öffnung. Aber darauf kam es jetzt auch nicht mehr an.
Die Gewissheit verdichtete sich. Die Leber spürte sie, spürte sie bis ganz tief hinein in all ihre Gallensaft produzierenden Zellen.
Um es genauer zu sagen, sie spürte und wusste jetzt sogar zweierlei:
Erstens, die Gallenblase war echt clever. Zweitens, und das hatte die Gallenblase ihr bestätigt, sie waren wirklich endlich angekommen waren. Hier würden sie Hilfe finden. Ganz sicher.
Sie gingen auf das Gebäude zu, an welchem das Schild hing. Es war bunt und vielfältig gestaltet. Das Schild hing direkt links neben dem Eingang. Die Leber und die Gallenblase näherten sich zielstrebig der Tür, welche in das Gebäude führen sollte. Bereits während sie schon den Griff dieser Tür hinunter drückten, um einzutreten, schimmerte noch für ein paar Augenblicke der Text des Schildes mit einem freundlichen Schein und dabei unvergesslich in ihren linken Augenwinkeln. Dort also stand zu lesen: „Das Restaurant für Innere Organe. Bitte treten Sie ein. Sie sind herzlich willkommen. „
Wir hoffen, Ihnen hat die Geschichte gefallen. Bleiben Sie uns gewogen. Wir hoffen, Ihnen hat diese Geschichte gefallen.
Hier der Link zu Teil 2 der humorvollen Reise der Organe: Die Milz grübelt (Teil 2)
Hier der Link zu Teil 3 der humorvollen Reise der Organe: Die Lunge will endlich frei sein (Teil 3)
Hier der Link zu Teil 4 der humorvollen Reise der Organe: Der Dickdarm ist erleichtert (Teil 4)
Hier der Link zu Teil 5 der humorvollen Reise der Organe: Die Gallenblase geht einen neuen Weg (Teil 5)
Hier der Link zu Teil 6 der humorvollen Reise der Organe: Der Magen hatte einen Koffer (Teil 6)
Birgit Bonin, Jahrgang 1958, hat in Köln Diplomsport studiert (Schwerpunkt Prävention und Rehabilitation), ist außerdem Heilpraktikerin und Beraterin für die Methode LifeTech, einem Verfahren zur täglichen Stressreduktion, zur Wiederherstellung und zum Erhalt von Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet sie selbständig in eigener Praxis. Birgit Bonin bietet Einzelarbeit an, aber auch Gruppenarbeit und Seminare, die sich den oben genannten verschiedenen Bereichen widmen. Ihr besonderes Interesse gilt der Realisierung aller erforderlichen Voraussetzungen, welche die persönliche Weiterentwicklung des Einzelnen ermöglichen.
Kontakt: Birgit Bonin, Fünfkirchener Straße 2, 63607 Wächtersbach
Mail:[email protected], http://www.heilkunst-birgitbonin.com